Nationale Deutsche Klimaschutzpolitik gescheitert!
Berlin, 15. Mai 2014
Die heute offiziell bekanntgegebenen Treibhausgas-(THG)-Emissionen für das Jahr 2013 in Deutschland und der EU belegen, dass die nationale deutsche Klimaschutzpolitik gescheitert ist!
Wie das Bundesumweltministerium (BMUB) einräumen musste, sind die THG-Emissionen in Deutschland 2013 im zweiten Jahr hintereinander gestiegen. Schuld daran sind aber nicht, wie es das BMUB behauptet, die gestiegenen Emissionen bei der Kohleverstromung, denn diese sind integraler Bestandteil der Emissionen des EU-Systems handelbarer Emissionsrechte (EU-ETS). Auch wenn eigentlich nur die EU-weiten Emissionen des EU-ETS für den Klimaschutz relevant sind, selbst die Emissionen nur der deutschen Anlagen, die diesem System unterliegen, sind von 2008 bis 2012 durchschnittlich jährlich um 6,9 Mio. t CO2 bzw. 1,3 % gesunken1. Selbst ohne Berücksichtigung, dass durch die Ausweitung des Geltungsbereiches des EU-ETS auch bei den Bestandsanlagen ab 2013 zusätzliche zurzeit nicht quantifizierbare Emissionen enthalten sind, die bisher bei den Nicht-EU-ETS-Emissionen enthalten waren, ergeben sich für 2008-2013 noch durchschnittliche jährliche Emissionssenkungen von 4,9 Mio. t CO2 bzw. von 0,9%.
Wenn deutsche Kohlekraftwerke 2013 mehr als 2012 emittiert haben, müssen andere deutsche Anlagen des EU-ETS-Sektors also umso weniger emittiert haben. Es gab und kann auch wieder Jahre geben, in denen dies umgekehrt ist. Aber wer innerhalb des EUETS- Sektors mehr oder weniger emittiert, ist für den Klimaschutz völlig irrelevant. Nur die Gesamtemissionen sind von Bedeutung! Die Emissionen des deutschen EU-ETSSektors betrugen von 2008-2012 durchschnittlich 451,7 Mio. t CO2, das deutsche Emissionsrechte(EUA)-Budget betrug jährlich 451,8 Mio. Stück. Nicht nur das EU-ETS insgesamt, sondern auch der deutsche EU-ETS-Sektor „liefern“ also die politisch auf EU-Ebene vorgegebene Klimaschutzleistung.
Das wirkliche Problem der Entwicklung der deutschen THG- und insbesondere der deutschen CO2-Emissionen sind die deutschen Nicht-EU-ETS-Emissionen. Diese sind im Vergleich seit 2008 durchschnittlich Jahr für Jahr um 0,5 Mio. t CO2-Äquivalente bzw. um 0,1 % gestiegen. Die CO2-Emissionen sind von 2008 bis 2012 sogar durchschnittlich um 2 Mio. t bzw. um 0,5 % gestiegen, Jahr für Jahr2!
Und für die Entwicklung der deutschen Nicht-EU-ETS-Emissionen trägt die Bundesregierung mit ihrer nationalen Klimaschutzpolitik die Verantwortung, und zwar die alleinige! Offensichtlich wurden die selbst gesteckten Ziele mit den angewandten politischen Instrumenten Subventionen (u.a. EEG, Gebäudesanierung), Ordnungsrecht (Verordnungen mit technischen Standards zur Energieeffizienz und Energieeinsparung) und Abgaben (Steuern auf Kraft- und Heizstoffe, auf Kfz oder LKW-Maut) bisher nicht erreicht bzw. werden, wie vom BMUB jetzt beklagt, bis 2020 auch nicht erreicht werden können. Die nationale deutsche Klimaschutzpolitik räumt damit indirekt ihr eigenes Scheitern ein!
Um von der eigenen Verantwortung abzulenken, wird die Schuld nun anderen angelastet, nämlich dem angeblich nicht funktionierenden Emissionshandel wegen seiner zu niedrigen EUA-Preise, die zu der gestiegenen Kohleverstromung geführt hätten. Für Bundesumweltministerin Hendricks ist daher „ein zentraler Punkt die schnelle Reparatur des europäischen Emissionshandels“3. Es gibt am EU-ETS aber nichts „zu reparieren“, da weder etwas „kaputt“ ist, noch eine „Funktionsstörung“ vorliegt. Es „liefert“ die verlangte Emissionsreduktion und noch dazu mit geringeren volkswirtschaftlichen Kosten (= EUA-Preis) als erwartet. Aufgabe des EU-ETS war und ist es aber nicht, möglichst hohe Erlöse aus den EUA-Versteigerungen für die Ministerialbürokratie zu erzielen, damit diese mehr oder weniger sinnvolle Subventionen verteilen kann! Dass sich das BMUB bei den EUA-Preisen verspekuliert hat und nun Probleme mit der Finanzierung fester Subventionszusagen hat, ist alleiniges Problem desjenigen, der sich „verzockt“ hat, nicht aber ein Problem des EU-ETS. Zu Recht hat daher jetzt der Bundesrechnungshof festgestellt, dass das EU-ETS „kein Instrument sei, um verlässliche Einnahmen zu erzielen und daraus Energiewende und Klimaschutzmaßnahmen mit zu finanzieren“4.
Reparaturbedarf gibt es aber bei der nationalen deutschen Klimaschutzpolitik.
Erstens ist das bisherige deutsche Klimaschutzziel zu “reparieren“, da es die Emissionen der EU-ETS-Anlagen in Deutschland beinhaltet. Deren Emissionen sind aber spätestens seit 2013 keine „deutschen“ Emissionen mehr, sondern „europäische“! Seit 2013 gibt es keine unterschiedlichen nationalen Ziele für die nationalen EU-ETS-Sektoren mehr, sondern nur noch ein einziges Ziel für einen gemeinsamen EU-ETS-Sektor mit einem gemeinsamen EUA-Budget. Die EU-ETS-Anlagen sind damit faktisch aus den nationalen Hoheitsbereichen herausgenommen und bilden quasi einen eigenen fiktiven EU-Staat. Die nationale deutsche Politik hat auf die Emissionen der EU-ETS-Anlagen in Deutschland keinerlei direkten Einfluss mehr. Es ist daher schlicht Unsinn, sie in einem nationalen deutschen Klimaschutzziel einbeziehen zu wollen. Sinn macht ein nationales Ziel nur noch für die deutschen THG-Emissionen, die nicht unter das EU-ETS fallen.
Zweitens haben die bisher für die Nicht-EU-ETS-Emissionen eingesetzten o.a. politischen Instrumente ihre theoretisch vorhergesagte geringe Effizienz ja gerade praktisch bewiesen. Dieser „Funktionsmangel“ wird auch nicht dadurch beseitigt, wenn, wie das BMUB es in seinem Eckpunktepapier vorsieht, diese Maßnahmen einfach mit einem „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ „verstärkt“ werden. Rationale Umweltpolitik wäre es dagegen, auch die bisherigen Nicht-EU-ETS-Emissionen in das EU-ETS zu integrieren. Dies wäre auch einfach und mit fast vernachlässigbarem administrativem Aufwand möglich5. Dann wären die anderen politischen Instrumente sogar weitgehend überflüssig, wie es auch der neue 3. Teilbericht des Weltklimarates feststellt (6).
1 Siehe Tabelle 1 „Entwicklung der THG-Emissionen in Deutschland seit 1990“ im Download der Pressemitteilung
2 Siehe Tabelle 2 „Entwicklung der CO2-Emisisonen in Deutschland seit 1990“ im Download der Pressemitteilung
3 Pressemitteilung BMUB Nr.071/14 vom 28.4.14 „Hendricks legt Eckpunkte für „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ vor 4 dpa-Meldung vom 22.4.2014 „Focus: Bundesrechnungshof für Auflösung des Klimafonds“
6 Technical Summery 5th Assessment Report, WG III des IPCCC, Seite 88, Berlin, April 2014